354.

Ich liebe Dich, nicht mit zweifelndem,
sondern mit sicherem Bewusstsein.
Du hast mit Deinem Wort mein Herz erschüttert,
und ich habe Dich geliebt.
Auch der Himmel und die Erde und alles,
was in ihnen ist, sieh, von allen Seiten her sagen sie mir,
dass ich Dich lieben soll.

Was aber liebe ich, wenn ich Dich liebe?
Nicht das Aussehen eines Körpers
und nicht die Anmut eines Lebensalters,
nicht den Glanz des Lichtes,
der diesen leiblichen Augen so lieb ist,
nicht die süßen Melodien vielfältiger Gesänge,
nicht den lockenden Duft von Blüten, Salbölen und Gewürzen,
nicht Manna und nicht Honig,
nicht Körperteile, die sich zu fleischlichen Umarmungen anbieten -
nichts von alledem liebe ich, wenn ich Dich liebe.
Und doch liebe ich eine Art von Licht, von Stimme,
von Wohlgeruch, von Speise und von Umarmung,
wenn ich Dich liebe!
Denn Du bist das Licht,
die Stimme, der Wohlgeruch,
die Speise und die Umarmung meines inneren Menschen.
Dort drin in meiner Seele strahlt ein Licht,
das keine Welt fasst,
dort klingen Melodien, die keine Zeit verschlingt,
dort duften Wohlgerüche, die kein Wind verweht,
dort schmecken Speisen, deren keine Sattheit satt wird,
dort lacht ein Glück vereinter Liebe,
dem ein Überdruss nicht folgt.
Das ist es, was ich liebe,
wenn ich Dich, meinen Gott, liebe.


Augustinus